Latein (Lingua Latina)

Salvete
ad paginam nostram,
dilecti discipuli et discipulae!

Certamen Thuringiae MMXXIII

Am 8. Februar stellten sich Nolwenn Marucha und Linus Täschner aus der Klasse 6b dem überregionalen Lateinwettbewerb „Certamen Thuringiae MMXXIII“.

Dabei belegte Nolwenn den 1. Platz, und Linus den 2. Platz in der Klassenstufe 6.

Herzlichen Glückwunsch!

Discipuli Linus et Nolwenn cum sua magistra Annalisa Schleier in Universitate Litterarum Ienensi.

Latein – Die Dolmetscherin zwischen Antike und Moderne

Die Geschichte der lateinischen Sprache klingt unglaublich – wäre sie nicht wahr: Ihre Geburtsstätte ist das sagenumwobene Latium, eine idyllische, sanft hügelige Landschaft im sonnigen Mittelitalien rund um die heutige Stadt Rom, die von Bauern, Fischern sowie Händlern und Viehhirten bewohnt war. Ihre Muttersprache Latein sollte sich nicht nur innerhalb weniger Jahrhunderte beinahe über die gesamte Mittelmeerwelt, sondern auch über weite Teile West- und Mitteleuropas verbreiten und die europäische Geschichte und westliche Kultur nachhaltig prägen. Neben dem Griechischen war das Lateinische bis zum Ausgang der Antike die Hauptverkehrssprache (lingua franca) der damals bekannten Welt und wurde fast überall gesprochen.

Doch auch mit dem Untergang des Weströmischen Reiches im Jahre 476 war ihr Schicksal noch nicht besiegelt. Im Gegenteil, ihr eigentlicher Siegeszug begann jetzt erst: Im christlich geprägten Europa avancierte das Lateinische zur Sprache der Kirche, der Wissenschaft und der internationalen Diplomatie – eine Stellung, die es für mehr als 1000 Jahre innehatte. Und selbst danach übernahmen die „Töchter“ des Lateinischen, die romanischen Sprachen (Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Rumänisch und Spanisch), diese Rolle und verliehen sogar einem ganzen Kontinent seinen Namen – Lateinamerika.

Und auch wenn Deutsch und Englisch zwar germanische Sprachen sind, so schöpfen sie dennoch tief aus dem fassettenreichen Wortschatz des Lateinischen. So verwenden wir also, auch heute noch, tagtäglich Wörter, die schon vor über 2000 Jahren von den Menschen im malerischen und sonnig warmen Latium gesprochen wurden.

(Vgl. Karl-Wilhelm Weeber, Mit dem Latein am Ende? Tradition mit Perspektiven, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998.)

Latein am Heinrich-Mann-Gymnasium

Drei Dinge machen den Lateinunterricht am Heinrich-Mann-Gymnasium so besonders:

  1. Da ihr bei uns ab der 5. Klasse Latein habt, wird euch das Latinum nach eurer erfolgreichen Schulzeit übergeben, ohne dass ihr eine extra Prüfung absolvieren müsst.
  2. Das dezidierte Sprachprofil der Schule, das ein Latein-Lernen in einer ausgesprochen sprachförderlichen Umgebung ermöglicht und ein junges, dynamisches Kollegium, das bemüht ist, Latein als lebendige Sprache zu erfahren (wozu eine Reise nach Rom – der „ewigen Stadt“ – nicht fehlen darf).
  3. Die Geschichte des Heinrich-Mann-Gymnasiums als Nachfolgerin einer der ältesten Latein-Schulen in Erfurt – des Collegium ad portam coeli („Kolleg zur Himmelspforte“). Auch der Namensgeber unserer Schule, Heinrich Mann, war nicht nur ein ausgezeichneter Schriftsteller, sondern auch ein geübter Lateiner.

P.S. Eine gratis Zusammenfassung zur lateinischen Grammatik gibt es von uns für euch ebenso.

Fons Trivii, anno MMXIX.

Zehn Gründe für Latein

  1. Latein im Alltag Präsident, Republik, Video, Fundament, regieren, solide, pur, Mauer, Kanzler, Inventar, initiieren, Utensilien, trivial, konkret, Referat, pro, contra, zentral, signalisieren, plausibel, Auditorium, Pfeffer, Propaganda, prominent, Fenster, vehement, differenziert, elaboriert, Absolvent, etc.

    Unzählige Wörter im Deutschen haben einen lateinischen Ursprung. Dabei gilt: Je anspruchsvoller das Sprachniveau, desto „lateinischer“ der Text . Auf den Latein-Lernenden warten also einige Entdeckungen : So ist der Präsident eigentlich jemand, der „den Vorsitz hat“ (von praesidēre – „vorne sitzen“), ein Promi ist jemand, der „ins Auge fällt“ (von prominēre – „hervorragen“ ) und die beliebten Videospiele leiten sich von dem lateinischen Verb vidēre ab, was „sehen“ bedeutet. Es ist somit nicht zu weit hergeholt zu sagen, dass der Lateinunterricht von Anfang an den Blick auf die eigene Sprache schärft und zeitgleich für so manches „Aha-Erlebnis“ sorgt.
  1. Training für die eigene Muttersprache Das Übersetzen lateinischer Texte ins Deutsche nimmt einen zentralen Platz im Lateinunterricht ein. Was zunächst öde klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als höchst kreativer Akt: Durch die anhaltende und wiederholte Suche nach angemessenen und möglichst sinngetreuen Übertragungen ins Deutsche „trainieren“ die Lernenden nicht nur seine/ihre Ausdrucksfähigkeit, sondern entwickelt auch ein feineres Gespür für die eigene Sprache. Latein bietet den Schüler*Innen somit eine Chance, tiefer in den Ausdrucksreichtum des Deutschen einzudringen, seine Möglichkeiten auszuloten und die Regeln der eigenen Muttersprache sicher in den Griff zu bekommen. Daher ist Latein wie kaum ein zweites Fach „ein Erfolg versprechendes Trainingsfeld zur Beherrschung der Muttersprache“ (Maier 32).
  1. Der Königsweg zu einem vertieften Sprachverständnis Parataxe und Hypotaxe, Subjekt, Prädikat und Objekt, Konjunktiv, Indikativ und Infinitiv – in welchem anderen Fach ist das kompetente Sprechen über Sprache so selbstverständlich wie in Latein? Im Unterricht entdecken Schüler*Innen Schritt für Schritt das grammatische System der lateinischen Sprache, lernen seine Gesetzmäßigkeiten kennen und gewinnen dadurch elementare Einsichten in das „System Sprache“ überhaupt. Vergleiche zwischen Latein und der Muttersprache sowie den modernen europäischen Fremdsprachen schaffen eine ausgeprägte Sprachbewusstheit, die die Schüler*Innen befähigt, in der heutigen (Sprach-)Welt den Durchblick zu behalten.
  1. „Training für den Geist“ Gründlichkeit und Ausdauer, Detailgenauigkeit und ein Blick für Zusammenhänge, Umsicht und logisches Schlussfolgern – sind dies nicht Schlüsselqualifikationen in einer komplexen Welt? Aufgrund seiner Struktur verlangt und fördert der Lateinunterricht eben diese Fähigkeiten und stellt damit ein wirksames Gegenmittel zu Oberflächlichkeit, Ruhelosigkeit und Schluderei dar. Lateinunterricht ist sozusagen eine „Investition in Grundlagen-Qualifikationen“ (Weeber 20).
  1. Brücke zu den modernen Fremdsprachen Mit rund 700 Millionen Sprechern bilden die romanischen Sprachen, also zum Beispiel Italienisch, Spanisch oder Französisch, eine der sprecherreichsten Sprachfamilien der Welt. Doch Moment, romanische Sprachen, das klingt doch nach Rom, oder? Richtig! Denn sie alle haben eine gemeinsame Herkunft, nämlich das (gesprochene) Latein der alten Römer. Wer Latein kann, kennt also die gemeinsame Mutter und wer die Mutter kennt, kennt im Grunde auch die Töchter: Man vergleiche mater (Lat.) mit madre (It. / Sp.) oder mère (Frz.); oder hora (Lat., „die Stunde“) mit ora (It.), hora (Sp.) oder heure (Frz.). Klar, nur weil jemand Latein kann, heißt das nicht, dass er auch ihre Tochtersprachen automatisch gut lesen und sprechen kann, aber er hat einen ganz anderen Zugang und lernt sie hinterher (Stichwort „Startvorteil“!) erfahrungsgemäß leichter.
  1. Veni, vidi, vici oder: Treffpunkt mit Menschen, die die Welt veränderten… Von Alexander dem Großen über Caesar und Kaiser Augustus, Seneca, Cicero und Augustinus bis hin zu Erasmus oder Martin Luther – der Lateinunterricht bietet die Möglichkeit, Persönlichkeiten der Weltgeschichte auf ganz besonderer Weise zu begegnen, nämlich in ihren eigenen Worten! Erkunden wir gemeinsam Caesars Bellum Gallicum und lernen, worin sich seiner Meinung nach Gallier und Germanen unterschieden (oder dass Elche in Germanien keine Kniegelenke besaßen), oder lesen wir den packenden Bericht des Plinius‘ über den Vesuvausbruch im Jahre 79 n. Chr. Und danach könnten wir doch auch einen Blick in die Heiligenlegenden werfen, um herauszufinden, was es mit Sankt Nikolaus auf sich hat oder mit der Heiligen Elisabeth, der Schutzpatronin Thüringens. Latein ist also ein Schlüssel zu einer spannenden Reise.
  1. Quo usque tandem …! Wir schreiben das Jahr 60 v. Chr. Eine Bande von Gaunern und Habenichtsen hat es sich zum Ziel gesetzt, die römische Republik zu stürzen. Der neu gewählte Konsul Cicero bekommt Wind davon, und es ist an ihm, die Republik vor dem Untergang zu bewahren, und das mit bloßen Worten… Worte können eine Waffe sein – das wussten schon die alten Römer. Im Lateinunterricht erleben wir anhand der Reden eines der wohl berühmtesten Rednern der Geschichte hautnah, was es heißt, überzeugend sprechen zu können. Wir lernen, wie eine Rede aufgebaut sein muss und welche Stilmittel wann und wie zum Einsatz kommen müssten. Dabei werden wir sehen: Die Ansprachen heutiger Staatsmänner und -frauen verdanken den antiken Vorbildern eine ganze Menge!
  1. Englisch als „Stieftochter“ des Lateinischen Was über die romanischen Sprachen gesagt worden ist, gilt nicht weniger für das Englische. Das Englische? Ist das nicht eine germanische Sprache? Eigentlich ja, doch nach römischer Besatzungszeit, Christianisierung und Eroberung durch die (französischsprachigen) Normannen, ist es nicht verwunderlich, dass mehr als 60 % des englischen Wortschatzes lateinischen Ursprungs sind: language (von lingua – „Zunge, Sprache“), origin (von origo – „Herkunft“), butter (von butyrum – „Butter“), to explain (von explanare – „eben, glatt machen“, d.h. „erklären“), artifact (von ars, „Kunst“ und facere, „machen“), uncle (von avunculus – „Onkel“) und difficult (von difficilis – „schwierig“). Das Gleiche gilt für die (vom Lateinischen beeinflusste) Grammatik und die vielen „kleinen“ Abkürzungen im Englischen, wie i.e., von id est – „das heißt“, oder e.g. von exempli gratia – „um des Beispiels willen“). Man sieht also: Wer Latein kann, kann Englisch etwas besser.
  1. Humanitas oder: Warum Latein bildet Im Lateinunterricht übersetzen wir nicht nur und lernen Vokabeln. Nein! Wir erfahren durch und ausgehend von den übersetzten Texten die antike Sagenwelt mit Helden wie Hektor und Aeneas hautnah, tauchen ein in die römisch-griechische Philosophie, Architektur, Kunst, Geschichte und Literatur und erforschen ihr Fortleben in der europäischen Geistesgeschichte. Wir werden in die Lage versetzt, mythologische („Sisyphusarbeit“), geschichtliche („den Rubikon überschreiten“) und literarische Anspielungen („carpe diem“) und Redewendungen („Status quo“) auf Anhieb zu verstehen und selbst zu verwenden. Latein gilt nicht umsonst als das „Bildungsfach“ schlechthin.
  1. Latein macht auch Spaß „Latein? Das ist doch spießig und elitär!“ Sicher ist Latein ein anspruchsvolles Fach, doch schließt das die Freude im Unterricht nicht aus. Im Gegenteil: Anhand von kleinen Geschichten aus dem römischen Alltag entdecken die Schüler*Innen in den ersten Lernjahren, wie man damals lebte, liebte und lachte, was auf dem Forum und in der römischen Arena geschah, wie man Geburtstage feierte und was bei einer römischen cena so alles auf den Tisch kam. Ansprechende Bilder und Comics bringen den Schüler*Innen die mythologische Welt eines Hercules oder einer Helena näher, während Übungen in spielerischer Form für das Sprachtraining sorgen. Motivation wird im heutigen Lateinunterricht großgeschrieben.

(1) Karl-Wilhelm Weeber: Mit dem Latein am Ende? Tradition mit Perspektiven, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998.
(2) Friedrich Maier: Warum Latein? Zehn gute Gründe, Stuttgart: Philipp Reclam, 2008.

Latein-Lehrer am HMG.

Herr Freyberg